Radtour, Geburtstag, Abschlussprüfungen, EM, Regen und Nebel

29 06 2008

Vor etwa zwei Wochen haben wir spontan entschieden mit dem Fahrrad in und durch die Innenstadt zu fahren. Wir haben dabei zwei, drei Verkehrspolizisten verwirrt, weil Fahrräder dort halt auf bestimmten Straßen verboten sind. War stellenweise auch nicht ganz ungefährlich aber ziemlich interessant, weil man so die Zusammenhänge der Stadt besser begreift, als wenn man nur mit Metro und mit Taxi fährt. Viele der Gegenden kannten wir auch schon durch unsere Spaziergänge. Gefahren sind wir bis zur Französischen Konzession. Die Franzosen haben dort vor über einem Jahrhundert gesiedelt. Die Architektur dort ist europäisch geprägt und die meisten Straßen sind Alleen. Es ist auch eines der Zentren des Shanghai Nightlife. Ich mag die Gegend sehr gern, weil sie sehr viel Atmosphäre hat.

Diese Straße hieß vor einhundert Jahren Route Paul Brunat, dann Avenue Joffre und heute Huaihai Lu. Die Straße ist ein Shoppingparadies mit westlichen Preisen.

Die Tatsache dass ich nach meiner Zeit in Shanghai die Menschen in dieser Konstellation nie wieder treffen werde, hat mich dazu bewogen meinen Geburtstag zu feiern. Es sind etwa dreißig Leute gekommen, was mich sehr überrascht und gefreut hat, besonders vor dem Hintergrund dass mein Geburtstag genau in den Zeitraum mit den Abschlussprüfungen und Sprachtests gefallen ist. Mir wurden unter anderem sehr schöne Bücher über Shanghai und China, dekorative Sachen und ein persönliches Fotoalbum geschenkt. Ein Paket mit Geburtstagsgeschenken hat mich sogar aus Bangkok erreicht. Meine Mitbewohnerinnen haben mich bereits zuvor mit einer Eisbombe und einem Geschenkkorb mit deutschen Produkten überrascht. Die Vorbereitung und das Aufräumen gestaltete sich dank tatkräftiger Hilfe mehr als entspannt. Alles in allem ein sehr, sehr gelungener Geburtstag. Vielen lieben Dank auch nach Gelsenkirchen und ins restliche Deutschland für all die lieben Geburtstagsgrüße!

Endlich ist auch die Zeit der Abschlussprüfungen vorbei. Wir wurden geprüft in den Fächern Grundlagen Chinesisch, mündlichem Chinesisch, chinesischen Schriftzeichen und in Hörverstehen. Das Lesen von chinesischen Schriftzeichen war dabei für jedes Fach erforderlich. In mündlichem Chinesisch gab es zwei Prüfungen. Es gab ein kurzes Gruppenspiel bei dem unsere Gruppe eine fiktive Abschiedsfeier für die Klasse geplant hat und eine etwa 10-15 minütige Einzelprüfung mit der Lehrerin. Die Prüfungen waren meiner Meinung nach fair und dem Niveau angemessen. Ich bin froh, dass ich alles recht gut bestanden habe. Jetzt kann ich ersteinmal Urlaub gebrauchen. Leider sind mit dem Ende der Prüfungsphase bereits einige nach Hause oder sonst wohin geflogen. Und in der nächsten Zeit werden bedauerlicherweise noch mehr gehen, bevor ich das Land selbst verlassen werde.

Christina lernt auf unserem Balkon „Venture Capital in China“. Sie ist an der School of Economics and Management.

Die EM wird auch hier von den meisten verfolgt. Dummerweise werden durch die Zeitverschiebung die Spiele erst um 2:45 Uhr gezeigt. Ehrlich gesagt, hab ich einige der ersten Spielergebnisse erst am nächsten Tag von meinen französischen Kommilitonen erfahren. Das Halbfinalspiel gegen die Türkei haben wir mit vielen hundert Deutschen im Festzelt vom O’Malley’s angeschaut. Über die Stadt verteilt gibt es sehr viele Möglichkeiten die Spiele in Sportbars oder Biergärten anzuschauen. Das Finale gegen Spanien am Sonntag werden wir natürlich auch sehen. Praktisch ist, dass wir am Montag keinen Unterricht mehr an der Uni haben.

Das Wetter ist momentan ziemlich wechselhaft. Es war bereits über 30°C heiss, mit einer enormen Luftfeuchtigkeit und dadurch mehr als schwül. Da der Juni aber auch ein Regenmonat und Teil der Taifunsaison ist, schüttet es hier auch gelegentlich wie aus Kübeln. Oftmals ist es aber auch einfach nur grau und manchmal ziemlich nebelig. Was besonders witzig ist, wenn die Sicht draußen weniger als 150 Meter beträgt und man die nächsten Hochhäuser bzw. manchmal nicht mal mehr richtig den Boden sehen kann. Das tritt überwiegend Nachts auf, was die Sache schon etwas unheimlich macht.

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最近我很忙 – In der letzten Zeit war ich sehr beschäftigt

7 06 2008

Die letzten drei Wochen waren wieder einmal mehr als erlebnisreich.
Meine Mitbewohnerinnen und ich sind umgezogen, weil unser Vermieter eine sehr hohe Mieterhöhung gefordert hat. Vorher haben wir im Gebäude neun gewohnt, jetzt im Gebäude sechs. Es ist wieder der 38. Stock. Gottseidank hatten wir tatkräftige Hilfe von einigen anderen Studenten, da wir doch recht viele Sachen haben, wie ich feststellen musste. Gut, dass die Wohnungen komplett möbeliert sind und dass deswegen die allermeisten Möbel in den Wohnungen bleiben. Da das Wohnzimmer im Moment mehr als unaufgeräumt ist, zeige ich hier besser noch kein Bild davon.

Ich war mittlerweile zum zweiten Mal in der höchsten Bar der Welt, der „Cloud 9“ des Grand Hyatt Hotels im 87. Stock des Jinmao Gebäudes. Der Ausblick gerade zur Sonnenuntergangszeit und danach ist einfach toll. Ein Kaffee für umgerechnet 5 € oder ein Cocktail für 9 € relativieren sich leicht, wenn man die Getränkepreise in der „Cloud 9“ mit den reinen Eintrittspreisen einiger Aussichtsplattformen der Stadt vergleicht.

Neben einem „James Bond Martini“ habe ich hier meine zweite heiße Schokolade in China getrunken. Wenn man sich in dieser Atmosphäre noch nett mit jemandem unterhalten kann, verspricht es ein sehr schöner Abend zu werden.

Vor ein paar Tagen haben wir einen Ausflug nach Hangzhou gemacht. Mit dem Zug erreicht man Hangzhou in weniger als eineinhalb Stunden. Ich erinnere mich, dass ich, kurz bevor ich nach China geflogen bin, auf einem bekannten amerikanischen Kabelsender einen romantisch anmutenden Werbefilm über Hangzhou gesehen habe. Die Stadt wurde vor etwa 2,200 Jahren gegründet. Marco Polo soll sie als die schönste Stadt der Welt bezeichnet haben und sagte wohl auch: „Im Himmel gibt es das Paradies – Auf Erden: Hangzhou und Suzhou.“ Man kann es auch übertreiben … Dennoch ist Hangzhou mit dem „West Lake“ oder im Original 西湖 (Xihu) wunderschön und romantisch. Die Grünanlagen sind alle sehr gepflegt und laden zum Spazieren, Bootfahren oder Fahrradfahren ein. Wir haben uns an die Boote gehalten und sind in etwa zwei Stunden über den See und zu dessen Inseln gefahren worden. Danach ging es hinauf zu einer Pagode und zu einem schönen Aussichtspunkt, von dem man Teile der Stadt und den gesamten See überblicken konnte. Die Promenade mit der Fontäne erinnert, meiner Meinung nach, an die Promenade in Genf, die für ihre Fontäne berühmt ist. Geschäfte mit Luxusgütern gibt es hier auch. Im Gegensatz zu Genf, hat Hangzhou jedoch über sechs Millionen Einwohner. Hangzhou ist in China sehr bekannt für Seide und Tee. Aus Hangzhou kommt auch der wohl berühmteste grüne Tee Chinas, der Longjing-Tee. In einem Teehaus haben wir eine Tasse probiert, aber irgendwie konnte ich dem nichts abgewinnen. Was aber sicher auch daran liegt, dass ich auch ansonsten kein großer Fan von Tee bin. Tee wird hier häufig kostenlos zum Essen gereicht. Was mich wundert ist, dass obwohl Chinesen viel Wert auf Tee legen, sie, zumindest in Shanghai, sehr häufig das mit Chlor desinfizierte Leitungswasser benutzen. Das Wasser ist zwar gesundheitlich unbedenklich, hat aber einen relativ starken Eigengeschmack und trübt bei mir die Freude auf den Tee. Ob in Hangzhou auch Leitungswasser benutzt wird, weiss ich nicht. Bei der einen Tasse die ich dort getrunken habe, war es scheinbar anderes, geschmacksneutrales Wasser.


In Deutschland findet man die Sparkasse an jeder Ecke … in Shanghai und Hangzhou scheinbar Starbucks.

Inseln im See und Seen auf einer Insel … um genau zu sein vier kleine Seen auf dieser Insel.

Von einer chinesischen Freundin sind wir gebeten worden Grundschülern Deutschland vorzustellen. Wir hatten eine halbe Stunde Zeit und der Verlauf war unorganisiert bis spontan. Aber es hat scheinbar allen Spaß gemacht. Nachdem wir uns kurz auf Chinesisch selbst vorgestellt haben, wurden die schwierigen Sachen dann von unserer Dolmetscherin übersetzt. Wir haben den Kindern ein paar essentielle Phrasen wie „Hallo!“, „Tschüss!“, „Wie heisst Du?“ usw. beigebracht, ihnen ein paar Bilder von Deutschland gezeigt und ein kleiner Junge hat erzählt, dass er gerne bei BMW arbeiten möchte. Die Kinder konnten die Firmensymbole von VW, BMW und Audi malen. Wie für uns war für sie das Malen des Porschesymbols zu schwierig. Dass die Kinder die deutschen Automarken kennen liegt nicht zuletzt daran, dass deutsche Automarken sehr häufig zu sehen sind. Ich komme wahrscheinlich später nocheinmal darauf zurück, aber die Automarke die man in Shanghai und in anderen Teilen Chinas am häufigsten sieht ist Volkswagen.





Changshu

15 05 2008

Letztes Wochenende waren wir in Changshu. Die mit etwa einer Million Einwohnern für chinesische Verhältnisse kleine und gemächliche Stadt, scheint nicht sonderlich bekannt zu sein. Wir hätten die Stadt sicher nie besucht, wären wir nicht von einer chinesischen Bekannten, die dort am „Changshu Institute of Technology“ studiert, eingeladen worden. Aber der Besuch hat sich gelohnt. Die Busfahrt am Samstag nach Changshu hat zwei Stunden gedauert. Dort angekommen haben wir zunächst einen chinesischen Garten mit einer achtstöckigen Pagode angeschaut. Die Anlage scheint aus dem 12. Jahrhundert zu stammen, ist aber in weiten Teilen renoviert worden. Danach ging es auf einen kleinen Berg. Der Weg hinauf führte uns duch ein Tor der alten Stadtmauer. Jene sah ein bisschen so aus, wie ich mir die „Große Mauer“ vorstelle, nur halt kürzer. Nachdem wir feststellen mussten, dass ein Aufstieg zum Gipfel noch ein paar Stunden mehr in Anspruch nimmt als zuvor gedacht, haben wir uns an einem chinesischen Friedhof entschieden umzukehren. Auf dem Weg nach unten konnten wir an einem Stand für Touristen Fotos von uns in traditioneller Kleidung machen. Danach sind wir durch die schön beleuchtete Innenstadt gelaufen und bei Verwandten der Bekannten essen gewesen. Ich habe u.a. einen gekochten Hühnerfuß gegessen bzw. abgenagt. Witzigerweise gibt es die auch in Shanghai sehr häufig zu kaufen, dennoch hab ich bis jetzt noch niemanden einen solchen abnagen sehen. Der Geschmack war recht neutral, aber es war mit Sicherheit nicht das Schlimmste was ich jemals gegessen habe. Übernachtet haben wir im Gästehaus des „Changshu Institute of Technology“. Pro Person hat die Nacht mit der Studentenermäßigung unserer Fremdenführerin 50 Yuan, umgerechnet etwa 5 € gekostet. Ein sehr guter Preis für ein brandneues, großzügig ausgestattetes, sehr sauberes und schönes Hotelzimmer. Am nächsten Tag waren wir in der Mensa frühstücken und haben die Altstadt mit einem weiteren chinesischen Garten besucht. Am späten Nachmittag ging es dann zurück ins viel vollere Shanghai.

Die Gräber auf diesem chinesischen Friedhof mitten im Wald sind nicht so alt wie sie wirken. Die Grabsteine rechts sind aus den 1980er Jahren.

Wer ein Foto von mir in der oben erwähnten chinesischen Tracht sehen möchte, dem schicke ich gerne eines zu.





In Shanghai steht ein Hofbräuhaus

15 05 2008

Gleich vorweggenommen: Das Erdbeben in Südwestchina hatte auf Shanghai kaum Auswirkungen. Es gab keine Toten und scheinbar auch keine (ernsthaft) Verletzten. Die Hochhäuser haben lediglich etwas gewackelt. Was ich nicht mitbekommen habe, da ich während des Erdbebens nahe dem Erdboden beim Mittagessen war. Eine meiner Mitbewohnerinnen wurde aus dem Aurora-Gebäude in Pudong evakuiert.

In Shanghai steht ein Hofbräuhaus … und nicht nur eines, sondern mittlerweile gleich zwei (Artikel auf smartshanghai.com). Besucht habe ich sie noch nicht. Wir waren bis jetzt nur einmal spontan in einem Paulaner Bräuhaus. Auch Paulaner ist in der Stadt durch drei Filialen gleich mehrfach vertreten. Das Haupthaus ist sehr schön gelegen in der französischen Konzession, einem alten französischen Viertel, wo nun auch das Hofbräuhaus in einer alten Villa seine Pforten eröffnet hat. Das Essen im Paulaner war ziemlich gut und das Preis-/Leistungsverhältnis ok. Außerdem hat das Haus eine schöne Terrasse, auf der man bei den warmen Temperaturen gemütlich draussen sitzen kann. Zum Bier kann ich nichts sagen, da ich nur ein Spezi getrunken habe. In der Stadt gibt es wohl einige deutsche Restaurants. Ich habe den Eindruck, dass man im Ausland den Eindruck bekommt, unser Essen würde nur aus bayerischen Spezialitäten bestehen. Wann ich das nächste Mal in ein deutsches Restaurant oder einen deutschen Biergarten gehe weiss ich nicht, da sich mein Heimweh zum deutschen Essen in Grenzen hält. Außerdem kann man hier neben dem chinesischen Essen sehr, sehr viele andere Nationalküchen ausprobieren. Wenn ich jedoch Heisshunger auf ein leckeres Schnitzel mit Kartoffelsalat bekomme, weiss ich jedoch wo ich hin muss.

Das Paulaner Bräuhaus in der französischen Konzession.





Alter und neuer Prunk

3 05 2008

In den letzten Tagen haben wir wieder einmal die Stadt erkundet und sind sehr … sehr viel gelaufen. Eine der Hauptattraktionen Shanghais ist der Bund. Mitte des 19. Jahrhunderts siedelten sich hier auf der Westseite des Huangpu Flusses die Briten an und bauten Shanghai zu einer Handels- und Finanzmetropole aus. Es folgten Franzosen, Deutsche, Amerikaner und andere Nationalitäten, die sich hier alle einen sehr luxuriösen Lebensstil leisteten. Die großen Gebäude direkt am Fluss, wie auch in dem Viertel dahinter, sind überwiegend aus dem beginnenden 20. Jahrhundert und fast alle noch erhalten. Heute befinden sich in den Häusern Banken, teure Restaurants, Boutiquen und Nachtclubs. Momentan ist die Straße unterhalb der Promenade eine einzige Baustelle. Die Stadt will hier wohl für die Expo 2010 einen Großteil der Straße unterirdisch verlegen. Als ich hier angekommen bin, ist mein Taxifahrer über eine Hochstraße gefahren, die auf den Bund einschwenkte und einen atemberaubenden Blick auf den Bund und Pudong freigab. Ein paar Tage später wurde die Hochstraße zerschnitten und abgetragen. Das gleiche passierte ein paar Meter weiter mit einer Fussgänger- und einer alten Brücke. Außerdem wird hier, wie in der gesamten Stadt, fieberhaft am Ausbau des Metrosystems gearbeitet. Seit letztem Dezember sind hier drei neue Metrolinien in Betrieb gegangen.

Der Bund (westliche Flussseite)

Direkt gegenüber auf der anderen Flussseite befindet sich im krassen Gegensatz dazu Pudong. Pudong hat sich erst 1990 von einem Brachland in eine Wirtschaftszone verwandelt und in den letzten fünf Jahren wurden, scheinbar aus dem Nichts, unzählige Wolkenkratzer hochgezogen. Mittlerweile steht hier die Börse und ein paar der zehn höchsten Gebäude der Welt. Das Wahrzeichen von Shanghai ist der Oriental Pearl Tower, ein Fernsehturm mit 468m Höhe. Bis jetzt war ich noch auf keinem der ganz hohen Gebäude um die Aussicht zu genießen.

Pudong (östliche Flussseite)

Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Orte jemanden kalt lassen. Leider kommt die Atmosphäre auf den Fotos nur teilweise rüber. Aber das Problem ist ja allseits bekannt. Für jeden Touristen stehen Bund und Pudong zu Recht sehr weit oben auf der To-Do-Liste.